Gericht

OGH

Entscheidungsdatum

15.12.2004

Geschäftszahl

7Ob273/04d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Vogel, Dr. Schaumüller und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der Klägerin und gefährdeten Partei Dr. Karin K*****, vertreten durch Dr. Peter Posch und Dr. Ingrid Posch, Rechtsanwälte in Wels, gegen den Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei Dr. Alois K*****, vertreten durch Dr. Günter Tews, Rechtsanwalt in Linz, wegen einstweiligem Unterhalt, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Beklagten und Gegners der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wels als Rekursgericht vom 15. September 2004, GZ 21 R 247/04d-42, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß Paragraph 78, EO, Paragraph 402, Absatz 4, EO in Verbindung mit Paragraph 526, Absatz 2, erster Satz ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 528, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Beklagte und Gegner der gefährdeten Partei (im Folgenden nur mehr Beklagter) erachtet den Revisionsrekurs entgegen dem betreffenden Ausspruch des Rekursgerichtes für zulässig, weil die "aktuelle" Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Frage, ob Alleinerzieherabsetzbetrag, Mehrkinderzuschlag, Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge, Einkommen des beziehenden Elternteiles seien, unrichtig sei. Weiters bestehe keine Judikatur des Obersten Gerichtshofes zu den Fragen, ob laufende Aufwändungen für Investitionen, die die Ehegatten im Einvernehmen treffen, von der Unterhaltsbemessungsgrundlage abzuziehen seien oder nicht und ob Ausbildungskosten (im vorliegenden Fall Kosten eines Instrumentenflugscheines) von der Unterhaltsbemessungsgrundlage abzuziehen seien, wenn als bescheinigt angenommen worden sei, dass mit diesem Fortbewegungsmittel eine erhebliche Zeitersparnis verbunden sei.

Damit wird vom Beklagten keine erhebliche Rechtsfrage iSd Paragraph 528, Absatz eins, ZPO aufgezeigt:

Rechtliche Beurteilung

Bezüglich der Familienbeihilfe hat der Oberste Gerichtshof erst jüngst in den Entscheidungen 10 Ob 35/04a und 1 Ob 84/04s jeweils mit eingehender Begründung dargelegt, dass auch nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 19. 6. 2002, G 7/02 ua daran festzuhalten ist, dass der nicht der steuerlichen Entlastung des Geldunterhaltsschuldners dienende Teil der Familienbeihilfe seinem rechtlichen Wesen nach kein frei verfügbares, Zwecken der Kinderbetreuung entzogenes Einkommen des Elternteiles, der die Kinder betreut, ist und daher kein anrechenbares Einkommen des unterhaltsansprechenden Ehegatten, der die Kinder in seinem Haushalt betreut, darstellt.

Der Revisionsrekurswerber macht dagegen im Wesentlichen lediglich geltend, diese Rechtsansicht stehe im Widerspruch zur Judikatur des Obersten Gerichtshofes, wonach Pflegegeld, soweit nicht zur Finanzierung von Fremdbetreuung verwendet, als Einkommen (des Betreuenden) zu betrachten sei. Dabei wird übersehen, dass Sozialleistungen ganz allgemein nach stRsp nur dann als Einkommen in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einbezogen werden, wenn sie nicht dem Ausgleich eines bestimmten Mehraufwandes für einen Sonderbedarf dienen oder nach gesetzlichen Bestimmungen auf den Unterhalt nicht anrechenbar sind (RIS-Justiz RS0080395). Soweit also Pflegegeld ausschließlich der pauschalierten Abgeltung des Sonderbedarfes pflegebedürftiger Personen dient, hat es insoweit bei der Unterhaltsbemessung zur Gänze außer Betracht zu bleiben (RIS-Justiz RS0013251). Der nicht der steuerlichen Entlastung dienende Teil der Familienbeihilfe dient aber nach ganz hM vergleiche etwa Neumayr, Der Weg zu Paragraph 12 a, FamLAG neu, ÖA 2003, 153 [155]) Zwecken der Kinderbetreuung und ist also weiterhin - wie schon nach der Judikatur vor dem erwähnten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes - für den Unterhalt des Kindes zu verwenden. Das Argument des Revisionsrekurswerbers gegen die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, der nicht der steuerlichen Entlastung dienende Teil der Familienbeihilfe stelle kein Einkommen des betreuenden, unterhaltsansprechenden Elternteiles dar, ist daher nicht stichhältig.

Gleiches gilt auch hinsichtlich des Mehrkinderzuschlages, des Alleinerzieherabsetzbetrages und der Kinderabsetzbeträge. Der Mehrkinderzuschlag ist ein Bestandteil der Familienbeihilfe und teilt deshalb deren rechtliches Schicksal. Er ist somit, soweit er nicht der steuerlichen Entlastung des für Kinder geldunterhaltspflichtigen Elternteiles dient, kein frei verfügbares Einkommen des betreuungspflichtigen Elternteiles und bei der Ermittlung des Unterhaltsanspruches nicht als Eigeneinkommen in Anschlag zu bringen (1 Ob 84/04s, RIS-Justiz RS0119333). Auch der Steuervorteil eines Alleinerziehers aus der Geltendmachung des Alleinerzieherabsetzbetrages gemäß Paragraph 33, Absatz 4, Ziffer 2, EStG bezweckt nicht die Entlastung des gegenüber dem Alleinerzieher geldunterhaltspflichtigen Ehegatten. Dieser Steuervorteil ist daher bei Ermittlung des Geldunterhaltsanspruches des allein erziehenden Ehegatten nicht als Eigeneinkommen in Anschlag zu bringen (1 Ob 84/04s, RIS-Justiz RS0119334). Ebenso wie der Alleinerzieherabsetzbetrag dient schließlich auch der Kinderabsetzbetrag nicht dem Zweck, den Geldunterhaltsschuldner eines Ehegatten zu entlasten. Jedenfalls bei gehobenem Einkommen des Unterhaltspflichtigen erschöpft sich sein Zweck in der steuerlichen Entlastung des Unterhaltspflichtigen bei der Bemessung der Geldunterhaltsansprüche seiner Kinder (1 Ob 84/04s, RIS-Justiz RS0119335; 10 Ob 35/04a).

Die - sich auf aus Gründen der Steuerersparnis eingegangene Verbindlichkeiten des Beklagten im Zusammenhang mit einem sog. "Bauherrenmodell" beziehende - Frage, ob Aufwändungen für Investitionen von der Unterhaltsbemessungsgrundlage abzuziehen seien, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (7 Ob 662/90, JBl 1991, 720; 8 Ob 564/93, EFSlg 71.318; 4 Ob 46/03y; 10 Ob 34/03b ua), wobei die näheren Umstände für die ausnahmsweise Berücksichtigung von Belastungen durch Kreditrückzahlungen vom Unterhaltsschuldner zu behaupten und zu bescheinigen sind (JBl 1991, 720; 1 Ob 501/93 mwN; 7 Ob 129/02z; 10 Ob 34/03b ua). Im vorliegenden Fall hat der Beklagte, wie schon vom Rekursgericht betont wurde, die näheren Umstände der Kreditaufnahme und insbesondere auch die Höhe der monatlichen Rückzahlungen weder behauptet noch bescheinigt, wobei entgegen seiner Meinung keine Verpflichtung besteht, derartige Umstände von Amts wegen zu erforschen. Schon deshalb wird auch in diesem Zusammenhang kein tauglicher Grund für die Zulassung des ordentlichen Revisionsrekurses aufgezeigt.

Einzelfallbezogen ist schließlich auch die Frage, ob die dem Beklagten für den Erwerb eines Instrumentenflugscheines entstandenen Kosten von der Unterhaltsbemessungsgrundlage abzuziehen sind. Auch diesbezüglich läge eine erhebliche Rechtsfrage iSd Paragraph 528, Absatz eins, ZPO daher nur dann vor, wenn dem Rekursgericht eine Fehlbeurteilung unterlaufen wäre, die aus Gründen der Rechtssicherheit vom Obersten Gerichtshof aufgegriffen werden müsste. Davon kann aber schon deshalb gar keine Rede sein, weil nach den festgestellten Umständen dem Kläger, wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, nur die Kosten von im Vergleich zu seinem Privatflugzeug billigeren Verkehrsmitteln für die Anreise zu Konferenzen etc zugebilligt werden können. Auch die in diesem Zusammenhang vom Revisionsrekurswerber noch geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt daher nicht vor (Paragraph 510, Absatz 3, dritter Satz ZPO).

Mangels Vorliegens einer den außerordentlichen Revisionsrekurs rechtfertigenden erheblichen Rechtsfrage war daher das Rechtsmittel zurückzuweisen.