Entscheidende Behörde

Datenschutzkommission

Entscheidungsdatum

05.12.2008

Geschäftszahl

K121.385/0007-DSK/2008

Text

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet-)Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

B E S C H E römisch eins D

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. KOTSCHY, Dr. BLAHA, Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ, Dr. STAUDIGL und Mag. HEILEGGER sowie des Schriftführers Dr. KÖNIG in ihrer Sitzung vom 05. Dezember 2008 folgenden Beschluss gefasst:

Spruch

Über die Beschwerde des Peter M*** in Wien (Beschwerdeführer) vom 10. April 2008 gegen die Wiener Linien GmbH & Co KG in Wien (Beschwerdegegnerin) wegen Verletzung im Recht auf Auskunft wird entschieden:

Rechtsgrundlagen: Paragraph eins, Absatz 3, Ziffer eins,, Paragraphen 26,, 29 und 31 Absatz eins, des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 165 aus 1999, idgF.

B e g r ü n d u n g :

A. Vorbringen der Parteien

1. Der Beschwerdeführer behauptet eine Verletzung im Recht auf Auskunft nach Paragraph eins, Absatz 3, Ziffer eins, in Verbindung mit Paragraph 26, Absatz eins, DSG 2000 dadurch, dass die Beschwerdegegnerin seinem Begehren vom 5. April 2008 auf Auskunft über Daten zu seiner Person aus der unter der DVR-Nummer 0992739 gemeldeten Datenanwendung Nr. 021 „Videoüberwachung in den Fahrzeugen der Wiener Linien GmbH & Co KG zum Zwecke der Eindämmung von Vandalismusschäden sowie Erhöhung des Schutzes von MitarbeiterInnen und Fahrgästen“ mit ihrem Schreiben vom 10. April 2008 nicht ordnungsgemäß nachgekommen sei. Näherhin spezifiziert der Beschwerdeführer seine Rüge dahin, dass „das verfassungsmäßig gewährte Recht auf Auskunft gemäß Paragraph eins, Absatz 3, Ziffer eins und Paragraph 26, Absatz eins, DSG im Kern der Auskunft (die Videos selbst) ignoriert“ worden sei. Durch die Löschung der auskunftsgegenständlichen Daten sei überdies Paragraph 26, Absatz 7, DSG 2000 verletzt.

2. Die damit konfrontierte Beschwerdegegnerin bestritt mit Schreiben vom 5. Mai 2008 den Sachverhalt nicht, führte aber Folgendes aus:

a) Eine Verletzung der Löschungssperre des Paragraph 26, Absatz 7, DSG 2000 sei nicht zu erkennen, da die Bilddaten automatisch – ohne menschliches Zutun – überschrieben werden, das Wort „vernichten“ in Absatz 7, aber auf eine willentliche Handlung einer Person abziele. Das Löschungsverbot des Paragraph 26, Absatz 7, DSG 2000 „sei im Lichte des Paragraph eins, DSG verfassungskonform zu interpretieren“.

b) Auswertungen, die nicht von dem in der Registrierung angeführten Zweck der Datenanwendung umfasst seien, wären willkürlich und unverhältnismäßig: „Ein willkürliches ‚Nicht-Überschreibenlassen’ und Auswerten der Bilddaten ohne hinreichenden Zweck wäre mit dem Genehmigungsbescheid nicht in Einklang zu bringen. Es würde vielmehr dem Schutz der Betroffenen und dem telos des DSG geradezu widersprechen.“

Auswertungen, die nicht dem in der Registrierung angeführten Zweck entsprechen, seien nach Erachten der Beschwerdegegnerin rechtswidrig.

c) Auskünfte seien gemäß Paragraph 26, Absatz 2, DSG 2000 nicht zu erteilen, soweit überwiegende berechtigte Interessen des Auftraggebers oder eines Dritten entgegenstehen.

Dies sei in mehrfacher Hinsicht der Fall, nämlich sowohl hinsichtlich anderer Fahrgäste als auch hinsichtlich des Auftraggebers: Auch die berechtigten Interessen des Auftraggebers stünden einer Auskunftserteilung entgegen, da ein unverhältnismäßig hoher personeller, technischer und administrativer Aufwand für die Auskunftserteilung erforderlich sei, insbesondere was eine Auswertung samt Unkenntlichmachung der anderen Fahrgäste (zum Schutz von deren Datenschutzrechten gegenüber dem Anfragenden) betrifft – dies sei unzumutbar für die Auftraggeberin. Demgegenüber könne kein sachlich gerechtfertigtes Interesse des Anfragenden an der Auskunftserteilung (in Form der Übermittlung der Videoüberwachungsdaten) erkannt werden, da der Betroffene ja genau wisse, was er in dem von ihm angegebenen Zeitpunkt vor der von ihm angegebenen Videokamera getan habe und nur dieses Verhalten Inhalt der Videoaufnahmen sein könne.

Auskunftsbegehren, die nicht etwa der Aufklärung einer Straftat, sondern nur aus Neugier oder aus „rechtlicher Experimentierfreude“ gestellt würden, müssten bei einer Abwägung mit den Interessen des Auftraggebers und der anderen Betroffenen „hier wohl eindeutig zugunsten der Wiener Linien ... ausschlagen“.

Die Auskunftsverpflichtung der Beschwerdegegnerin sei mit dem Schreiben vom 10. April 2008 erfüllt und die Fragen des Beschwerdeführers erschöpfend behandelt worden.

3. Da der Sachverhalt außer Streit steht und die Beschwerdegegnerin nur rechtliche Ausführungen tätigte, war die Gewährung von Parteiengehör nicht erforderlich.

B. Beschwerdegegenstand

Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob die Beschwerdegegnerin einer allenfalls bestehenden Pflicht zur Auskunftserteilung gemäß Paragraph eins, Absatz 3, Ziffer eins, in Verbindung mit Paragraph 26, DSG 2000 aufgrund des Begehrens des Beschwerdeführers vom 5. April 2008 rechtmäßig nachgekommen ist.

C. Sachverhaltsfeststellungen

Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:

Der Beschwerdeführer gibt an, am 5. April 2008 um 14:17 Uhr in einem U-Bahnwagen der Wiener Linien GmbH & Co KG (Beschwerdegegnerin) von der dort installierten Videoüberwachungsanlage (DVR 0992739, Datenanwendung Nr. 021) erfasst worden zu sein. Dies wird von der Beschwerdegegnerin nicht bestritten.

Beweiswürdigung: Angesichts der bereits erfolgten Löschung der Videoaufzeichnungen lässt sich die Behauptung nicht mehr überprüfen. Diese Frage wird jedoch nur dann von Bedeutung für die Entscheidung sein, wenn das Bestehen eines Auskunftsrechts bejaht werden sollte und somit die Frage der Betroffeneneigenschaft des Beschwerdeführers wesentlich ist. Die DVR-Nummer wie die DAN-Nummer ergeben sich aus dem Inhalt des Datenverarbeitungsregisters.

Der Beschwerdeführer stellte am selben Tag folgendes Auskunftsbegehren an die Beschwerdegegnerin:

„Anfrage nach Auskunft gemäß DSG 2000 (Paragraphen eins,, 26 u. a.)

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ich wurde heute von Ihrer Datenanwendung „Videoüberwachung“ erfasst und fordere als Betroffener daher folgende Informationen von Ihnen:

Ich bitte Sie mir besagte Informationen an obige Adresse zuzusenden. Eine solche Auskunft hat einmal pro Jahr kostenlos zu erfolgen.

Ich möchte Sie auch darauf hinweisen, dass nach einem Auskunftsbegehren ein löschen der Daten innerhalb von 4 Monaten verboten ist (Paragraph 26, Absatz 7,). Würden Sie die Daten einer automatischen Löschung nach einer gewissen Zeit aussetzen kommt diese einer solchen Löschung gleich, da damit die Beweise für eine eventuelle Beschwerde vernichtet wären.

Meiner Mitwirkungspflicht sowie dem Nachweis meiner Identität komme ich mit den Informationen im Anhang nach.

Mit freundlichen Grüßen

[Unterschrift]“

Der Anhang des Auskunftsbegehrens hatte folgenden Wortlaut:

„Informationen nach Paragraph 26, Absatz 4,

Ich bin um 14:17 bei der Station M*** in den U-Bahnwagen der Linie U* mit der Wagen-Nummer 3*** in Richtung L*** eingestiegen und anschließend bis zur Station A*** gefahren. Ich habe die erste Tür (Tür-Nr. 6) in Fahrtrichtung benützt und bin dann im Auffangbereich bzw. im Gang zur Mitte des Zuges hin gestanden.

Von der Station A*** bin ich anschließend (um 14:22) mit einem Zug der Linie U* Richtung S*** gefahren (Wagen-Nummer: ****) und am B*** ausgestiegen. Ich bin in der Mitte des Wagens gestanden (Tür-Nr. 4).

Zur Identifizierung auf den Videobändern teile ich Ihnen folgendes mit:

Ich habe folgendes getragen: Sportschuhe, Jeans, blaue Jacke mit Aufnähern auf beiden Ärmeln, darunter Pulli mit blau/weiß/roten Querstreifen.

Ich bin ca. 185 groß, habe kurze, blonde, aufgestellte Haare.

Falls Sie noch weitere Informationen zur Erhebung meiner Daten benötigen komme ich dem gerne nach. (Fax: [Faxnummer], [E-Mail-Adresse]).

Reisepass zum Nachweis meiner

Identität

[Faksimile Reisepass]“

Das Auskunftsbegehren samt Anhang wurde der Beschwerdegegnerin am 5. April 2008 zunächst (doppelt) per Fax sowie per E-Mail an yy****@mmm.at und aa****@llmm.at zugestellt. Außerdem wies der Beschwerdeführer am selben Tag telefonisch auf das Auskunftsbegehren hin. Am 6. April 2008 schickte der Beschwerdeführer die Anfrage überdies noch per Post an die Beschwerdegegnerin.

Beweiswürdigung: Diese Feststellungen, die von der Beschwerdegegnerin nicht bestritten wurden, ergeben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Beschwerde und den Beilagen dazu. Der Beschwerde sind sowohl die Fax-Sendebestätigungen und eine Lesebestätigung der E-Mail anaa****@llmm.at als auch der Aufgabeschein der Post vom 6. April 2008 angeschlossen.

Die Beschwerdegegnerin beantwortete das Auskunftsbegehren mit folgendem Schreiben vom 10. April 2008:

„Sehr geehrter [Beschwerdeführer]!

Die Videoüberwachung in den Fahrzeugen der [Beschwerdegegnerin] wurde mit Bescheid der DSK vom 2.10.2006 befristet bis zum 30.9.2008 genehmigt. Diese Datenanwendung dient dem Zwecke der Eindämmung der Vandalismusschäden in den Fahrzeugen der [Beschwerdegegnerin]. Zudem soll das Sicherheitsempfinden unserer MitarbeiterInnen und Fahrgäste durch die erhoffte abschreckende Wirkung erhöht werden.

Der Fahrgastraum wird von vier sichtbaren Kameras je sechs Wägen überwacht, deren Bilder in Rekordern im Fahrzeug auf Datenträger aufgezeichnet werden. Die Aufzeichnung erfolgt auf einem Ringspeicher. Nach Erreichen der Aufnahmekapazität werden die „ältesten“ Aufnahmen automatisch gelöscht. Die Bilddaten werden, ohne angesehen zu werden, nach 48 Stunden automatisch überschrieben. Einer Vernichtung bedarf es nicht. Die Aufzeichnung erfolgt verschlüsselt, das bedeutet, dass die Daten nur mit einer speziellen Software ausgewertet werden können.

Lediglich in besonderen Ausnahmefällen werden die Datenträger ausgebaut und ausgewertet. Das Einsichtsrecht steht einem sehr eingeschränkten Personenkreis innerhalb der [Beschwerdegegnerin] zu. Wir haben bei der Videoüberwachung keinen Dienstleister beauftragt.

Die Polizei hat kein Einsichtsrecht, jedoch können bzw. müssen ihr aus bestimmten, im Gesetz normierten Gründen Daten übermittelt werden. Zum Empfängerkreis gehören ausschließlich die Sicherheitsbehörden, die Staatsanwaltschaften und Gerichte, jedoch niemals Privatpersonen.

Das Einsichtsrecht oder allfällige Datenübermittlungen sind vor allem auch wegen des Schutzes der Privatsphäre unserer anderen Fahrgäste, die ja ebenfalls auf einer etwaigen Bilddatei ersichtlich wären, sehr restriktiv zu handhaben. Eine Auswertung Ihrer Bilddaten aufgrund Ihres Faxes bzw. aufgrund Ihrer E-Mail vom 5.4.2008 wäre willkürlich ohne hinreichenden Zweck erfolgt, was nicht nur den Regelungen des Datenschutzgesetzes widerspräche, sondern auch mit unverhältnismäßig hohem organisatorischem Aufwand verbunden wäre.

Nachdem Auswertungen der Bilddaten lediglich in speziellen Einzelfällen, die vom Zweck der Datenanwendung umfasst sein müssen, gemacht werden, ansonsten die Bilddaten kontinuierlich überschrieben werden, liegen uns keine Bilddaten von Ihrer Person als Benutzer eines Fahrzuges der Linie U* (offenbar am 5.4.2008) zwischen 14:17 und 14:22 vor und bestand weder eine Berechtigung noch eine Verpflichtung der [Beschwerdegegnerin], Ihre Daten auswerten zu lassen.

Mit freundlichen Grüßen

[Unterschrift]“

Diese Auskunft wurde in weiterer Folge auch während des Verfahrens vor der Datenschutzkommission nicht mehr ergänzt.

Beweiswürdigung: Diese Feststellungen ergeben sich aus dem der Beschwerde beigelegten Schreiben der Beschwerdegegnerin an den Beschwerdeführer vom 10. April 2008 selbst. Eine Ergänzung der Auskunft fand nicht mehr statt, die Beschwerdegegnerin hat im Verfahren vor der Datenschutzkommission lediglich rechtliche Ausführungen getätigt.

D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

1. anzuwendende Rechtsvorschriften

Die Verfassungsbestimmung des Paragraph eins, DSG 2000 lautet:

„§ 1. (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.

(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Artikel 8, Absatz 2, der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), Bundesgesetzblatt Nr. 210 aus 1958,, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.

(3) Jedermann hat, soweit ihn betreffende personenbezogene Daten zur automationsunterstützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuell, dh. ohne Automationsunterstützung geführten Dateien bestimmt sind, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen

1. das Recht auf Auskunft darüber, wer welche Daten über ihn verarbeitet, woher die Daten stammen, und wozu sie verwendet werden, insbesondere auch, an wen sie übermittelt werden;

2. das Recht auf Richtigstellung unrichtiger Daten und das Recht auf Löschung unzulässigerweise verarbeiteter Daten.

(4) Beschränkungen der Rechte nach Absatz 3, sind nur unter den in Absatz 2, genannten Voraussetzungen zulässig.

(5) Gegen Rechtsträger, die in Formen des Privatrechts eingerichtet sind, ist, soweit sie nicht in Vollziehung der Gesetze tätig werden, das Grundrecht auf Datenschutz mit Ausnahme des Rechtes auf Auskunft auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen. In allen übrigen Fällen ist die Datenschutzkommission zur Entscheidung zuständig, es sei denn, daß Akte der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit betroffen sind.“

Paragraph 26, DSG 2000 ist als einfachgesetzliche Ausführungsbestimmung zu Paragraph eins, Absatz 3, Ziffer eins, DSG 2000 („nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen“) Anspruchsgrundlage für das individuelle Recht auf Auskunft über eigene Daten. Er lautet hier wesentlich wie folgt:

„Auskunftsrecht

Paragraph 26, (1) Der Auftraggeber hat dem Betroffenen Auskunft über die zu seiner Person verarbeiteten Daten zu geben, wenn der Betroffene dies schriftlich verlangt und seine Identität in geeigneter Form nachweist. Mit Zustimmung des Auftraggebers kann das Auskunftsbegehren auch mündlich gestellt werden. Die Auskunft hat die verarbeiteten Daten, die verfügbaren Informationen über ihre Herkunft, allfällige Empfänger oder Empfängerkreise von Übermittlungen, den Zweck der Datenverwendung sowie die Rechtsgrundlagen hiefür in allgemein verständlicher Form anzuführen. Auf Verlangen des Betroffenen sind auch Namen und Adresse von Dienstleistern bekannt zu geben, falls sie mit der Verarbeitung seiner Daten beauftragt sind. Mit Zustimmung des Betroffenen kann anstelle der schriftlichen Auskunft auch eine mündliche Auskunft mit der Möglichkeit der Einsichtnahme und der Abschrift oder Ablichtung gegeben werden.

(2) Die Auskunft ist nicht zu erteilen, soweit dies zum Schutz des Betroffenen aus besonderen Gründen notwendig ist oder soweit überwiegende berechtigte Interessen des Auftraggebers oder eines Dritten, insbesondere auch überwiegende öffentliche Interessen, der Auskunftserteilung entgegenstehen.

Überwiegende öffentliche Interessen können sich hiebei aus der Notwendigkeit

1. des Schutzes der verfassungsmäßigen Einrichtungen der Republik Österreich oder

2. der Sicherung der Einsatzbereitschaft des Bundesheeres oder

3. der Sicherung der Interessen der umfassenden Landesverteidigung oder

4. des Schutzes wichtiger außenpolitischer, wirtschaftlicher oder finanzieller Interessen der Republik Österreich oder der Europäischen Union oder

5. der Vorbeugung, Verhinderung oder Verfolgung von Straftaten ergeben. Die Zulässigkeit der Auskunftsverweigerung aus den Gründen der Ziffer eins bis 5 unterliegt der Kontrolle durch die Datenschutzkommission nach Paragraph 30, Absatz 3 und dem besonderen Beschwerdeverfahren vor der Datenschutzkommission gemäß Paragraph 31, Absatz 4,

(3) Der Betroffene hat am Auskunftsverfahren über Befragung in dem ihm zumutbaren Ausmaß mitzuwirken, um ungerechtfertigten und unverhältnismäßigen Aufwand beim Auftraggeber zu vermeiden.

(4) Innerhalb von acht Wochen nach Einlangen des Begehrens ist die Auskunft zu erteilen oder schriftlich zu begründen, warum sie nicht oder nicht vollständig erteilt wird. Von der Erteilung der Auskunft kann auch deshalb abgesehen werden, weil der Betroffene am Verfahren nicht gemäß Absatz 3, mitgewirkt oder weil er den Kostenersatz nicht geleistet hat.

(5) In jenen Bereichen der Vollziehung, die mit der Wahrnehmung der in Absatz 2, Ziffer eins bis 5 bezeichneten Aufgaben betraut sind, ist, soweit dies zum Schutz jener öffentlichen Interessen notwendig ist, die eine Auskunftsverweigerung erfordert, folgendermaßen vorzugehen: Es ist in allen Fällen, in welchen keine Auskunft erteilt wird - also auch weil tatsächlich keine Daten verwendet werden -, anstelle einer inhaltlichen Begründung der Hinweis zu geben, daß keine der Auskunftspflicht unterliegenden Daten über den Betroffenen verwendet werden. Die Zulässigkeit dieser Vorgangsweise unterliegt der Kontrolle durch die Datenschutzkommission nach Paragraph 30, Absatz 3 und dem besonderen Beschwerdeverfahren vor der Datenschutzkommission nach Paragraph 31, Absatz 4,

(6) Die Auskunft ist unentgeltlich zu erteilen, wenn sie den aktuellen Datenbestand einer Datenanwendung betrifft und wenn der Betroffene im laufenden Jahr noch kein Auskunftsersuchen an den Auftraggeber zum selben Aufgabengebiet gestellt hat. In allen anderen Fällen kann ein pauschalierter Kostenersatz von 18,89 Euro verlangt werden, von dem wegen tatsächlich erwachsender höherer Kosten abgewichen werden darf. Ein etwa geleisteter Kostenersatz ist ungeachtet allfälliger Schadenersatzansprüche zurückzuerstatten, wenn Daten rechtswidrig verwendet wurden oder wenn die Auskunft sonst zu einer Richtigstellung geführt hat.

(7) Ab dem Zeitpunkt der Kenntnis von einem Auskunftsverlangen darf der Auftraggeber Daten über den Betroffenen innerhalb eines Zeitraums von vier Monaten und im Falle der Erhebung einer Beschwerde gemäß Paragraph 31, an die Datenschutzkommission bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens nicht vernichten.

...“

2. Rechtliche Schlussfolgerungen:

Videoaufzeichnungen enthalten zunächst Daten über Personen, welchen vom Auftraggeber noch keine Identität (im Sinne eines bestimmten Namens, Geburtsdatums, etc.) zugeordnet ist. Es handelt sich um nur „bestimmbare“ Daten im Sinne des Paragraph 4, Ziffer eins, erster Satz DSG 2000.

Hinzu kommt ein weiteres besonderes und datenschutzrechtlich äußerst relevantes Element: Solange der Auftraggeber die Videoaufzeichnungen nicht ausgewertet hat, kennt er nicht einmal die nur „bestimmbaren“ Daten – er hat sie zwar ermittelt und speichert sie in seinem „Herrschaftsbereich“ und ist daher Auftraggeber iSd Paragraph 4, Ziffer 4, DSG 2000, darf jedoch regelmäßig von ihnen keine Kenntnis nehmen, es sei denn, dass ein Auswertungsanlass tatsächlich eingetreten ist, der im Registrierungsverfahren als Fall des Vorliegens eines überwiegenden berechtigten Auswertungsinteresses anerkannt wurde.

Dies ist eine außergewöhnliche Fallkonstellation, die von dem Normalfall der gemäß Paragraph 26, Absatz eins, zu beauskunftenden Datenanwendungen wesentlich verschieden ist: Der Auftraggeber einer Videoaufzeichnung weiß nicht, „zu wessen Person“ Daten gespeichert sind, und darf es auch – außer im Auswertungsanlassfall – nicht in Erfahrung bringen. Dieses Verbot steht im Konflikt zur Auskunftserteilung, da diese eine Durchsuchung der Aufzeichnungen voraussetzt, ohne dass der als „vorrangig“ anerkannte Anlass vorliegt.

Der Gesetzgeber hat in einem anderem Zusammenhang, in dem die Identität der von seiner Datenanwendung Betroffenen dem Auftraggeber ebenfalls unbekannt ist und auch nicht in Erfahrung gebracht werden darf, das Bestehen eines Auskunftsrechts verneint, und zwar im Zusammenhang mit indirekt personenbezogenen Daten (Paragraph 4, Ziffer eins, zweiter Satz DSG 2000). Indirekt personenbezogene Daten sind eine spezielle Art „bestimmbarer Daten“, bei welchen anstelle der Identifikation ein dem Auftraggeber unbekanntes Pseudonym verwendet wird und jeder Versuch einer Identifikation verboten ist. Dieses Verbot ist eine besondere Schutzmaßnahme für die Betroffenen, deren Verletzung unter Strafe gestellt ist. Den Auftraggeber durch ein Auskunftsersuchen zu zwingen, entgegen dem Sinn der Verwendung indirekt personenbezogener Daten zu versuchen – insbesondere durch Kontaktnahme mit jenem Auftraggeber, der die Daten in direkt personenbezogener Form (mit Namen) hat - einen Datensatz einem namentlich bestimmten Betroffenen zuzuordnen und dadurch das zum Schutz des Betroffenen bestehende Identifizierungsverbot zu unterlaufen, wurde vom Gesetzgeber als so widersinnig angesehen, dass er das Bestehen eines Auskunftsrechts ausdrücklich verneint hat (siehe Paragraph 29, DSG 2000).

Die Datenschutzkommission ist der Auffassung, dass das Bestehen eines Auskunftsrechts aus nicht ausgewerteten Videoaufzeichnungen in gleicher Weise zu beurteilen ist wie dies Paragraph 29, DSG 2000 für indirekt personenbezogene Daten vornimmt:

Videoüberwachung als systematische Speicherung von Daten über Betroffene, die in einer weit überwiegenden Zahl der Fälle keinen Anlass zur Ermittlung ihrer Daten gegeben haben, da sie kein rechtswidriges Verhalten gesetzt haben, kann überhaupt nur dann als datenschutzrechtlich „erträglich“ angesehen werden, wenn gesichert ist, dass die ermittelten Daten nur ausnahmsweise benutzt und damit im Normalfall der Kenntnisnahme durch den Auftraggeber durch Auswertung der Daten nicht zugänglich gemacht werden. Das wesentlichste Schutzelement für die von einer Videoüberwachung Betroffenen liegt also darin, dass die Überwachungsdaten möglichst bald wieder gelöscht werden und im Übrigen eine Auswertung nur in jenen relativ seltenen Fällen stattfindet, die als Anlass der Auswertung von vornherein definiert und im Zuge des Registrierungsverfahrens als „überwiegend“ gegenüber den Datenschutzinteressen allfälliger Betroffener zugelassen wurden.

Es besteht somit – so wie bei der Verwendung indirekt personenbezogener Daten – ein Verbot der Identifizierung (hier: außerhalb des Auswertungsanlassfalls), das essentiell für die Zulässigkeit der Verwendung derartiger Daten ist. Ohne dieses Verbot wäre weder die Verwendung von indirekt personenbezogenen Daten noch die Vornahme von Videoüberwachung mit dem Grundrecht auf Datenschutz überhaupt vereinbar.

Angesichts dieses Verbotes, das den wichtigsten Schutz gegen den durch Videoüberwachung bewirkten erheblichen Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz aller Betroffenen darstellt, wäre es widersinnig anzunehmen, dass der Auftraggeber einer Videoüberwachung durch ein Auskunftsbegehren zur Umgehung seiner Verpflichtung, keine Identifizierung der gefilmten Personen vorzunehmen bzw. zu versuchen, gezwungen sein sollte. Das Bestehen einer Pflicht zur Auskunftserteilung würde in diesem Fall einen Wertungswiderspruch offenlegen, der dem Gesetzgeber nicht zugesonnen werden kann – und zwar umso mehr, als er in dem nicht unähnlich gelagerten Fall der indirekt personenbezogenen Daten diesen Widerspruch dadurch ausdrücklich ausgeschlossen hat, dass er das Bestehen eines Auskunftsrechts verneint hat.

Hinzu kommt im Fall der Videoaufzeichnungen, dass die Annahme des Bestehens eines Auskunftsrechts aus nicht ausgewerteten Videoaufzeichnungen die Datenschutzrechte der übrigen Personen, die von der Aufzeichnung betroffen sind, unverhältnismäßig beeinträchtigen würde:

Bei einer Auskunft darüber, ob der Auskunftswerber Gegenstand von bestimmten Videoaufzeichnungen ist, kommt es zwar nicht notwendig zur Identifizierung aller Personen, die auf den Videobildern zu sehen sind, doch kann es zu Zufallserkennungen und Zufallsfunden kommen, die bei einer Beschränkung der Bildauswertung auf die im Rahmen des Überwachungszwecks definierten Anlassfälle nicht erfolgt wären, da ein „Anlassfall“ innerhalb der jeweiligen Löschfrist vielleicht nicht aufgetreten wäre. D. h., dass die Auswertung des Bildmaterials für Zwecke der Auskunftserteilung eine datenschutzrechtliche „Gefahr“ für alle in den Aufzeichnungen enthaltenen Personen darstellt, weil ihre Verhaltensweise erst durch die Auswertung der Videoaufzeichnungen dem Auftraggeber bekannt wird.

Der Beschwerdeführer hat das Argument des Beschwerdegegners, dass im vorliegenden Fall insbesondere auch Geheimhaltungsrechte anderer zu berücksichtigen seien, als lächerlich bezeichnet, da die ihm zu übermittelnden Videoaufzeichnungen ja derart bearbeitet werden könnten, dass etwa die Gesichter anderer Fahrgäste nicht erkennbar sind. Der Beschwerdeführer übersieht dabei aber, dass es nicht nur darum geht, ob er Daten über andere Betroffene zur Kenntnis bekommt, sondern v.a. auch darum, dass erst durch die Auswertung für Zwecke der Auskunftserteilung der Auftraggeber die Daten der anderen Betroffenen „zur Kenntnis bekommt“, da die Daten erstmals bei der Auswertung von einem Menschen (dem Organ des Auftraggebers) eingesehen werden – bis dahin sind sie dem Auftraggeber nur potentiell, nicht aber tatsächlich bekannt. Hinzu kommt, dass im vorliegenden Fall bei Annahme des Bestehens eines Auskunftsrechts durch die Beantwortung des Auskunftsbegehrens alle Betroffenen – einschließlich des Auskunftswerbers! – der Löschung der Daten nach 48 Stunden verlustig gegangen wären, obwohl die Löschung vor jeder Auswertung bei der Videoüberwachung die beste Gewähr zur Effektuierung von Geheimhaltungsrechten ist.

Anders als im Hinblick auf Daten, die nach einer Auswertung von Videoaufzeichnungen beim Auftraggeber gespeichert sind, ist zusammenfassend festzuhalten, dass im vorliegenden Fall, – in dem die beschwerdegegenständlichen Daten vor ihrer Löschung keiner Auswertung unterzogen wurden, sodass der Auftraggeber von den aufgezeichneten Daten tatsächlich keine Kenntnis erlangte, – ein Auskunftsrecht des Beschwerdeführers nicht entstanden ist, sodass er weder durch die Verweigerung der Übermittlung einer CD oder DVD mit einer Kopie der Bildaufzeichnungen noch durch die Nicht-Verhinderung des Überschreibens nach 48 Stunden in seinem Recht auf Auskunft verletzt sein konnte. Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.